Leben wird wieder möglich

Alice GIRARD

Ich komme schwerlich voran. Jeden Tag einen Schritt. Manchmal mühselig, manchmal zögerlich, manchmal gar in die Gegenrichtung. Der Weg ist lang. Zu lang. Die Empfindungen sind zerstörend und unerträglich. Früher ging ich auf einem Boden aus sanftem frischgemähtem Gras, heute fühlt er sich an wie aus heisser spitziger Kohle. Mein Fuss leidet still, unsichtbar für die Blicke und als einzige Freundin meine darbende Seele, die ihn tröstet. Ich leide unter diesem Würgegriff, der mich hindert, frei zu atmen. Ich leide darunter, nicht zu wissen, wo ich meinen Fuss hinstellen kann, ohne dass er stört. Ich leide darunter, dass mir niemand helfen kann. Wenn ich ginge, würde dies bemerkt werden? Wenn ich diese Schmerzen, die meinen Körper und Geist peinigen, beenden würde, hätte ich dann meinen Frieden? Meine siechende Seele rafft sich auf. Dann habe ich sie gesehen. Die Oase inmitten der Wüste. Eine ausgestreckte Hand, die auf mich zukommt. Ich kann nicht anders, als sie anzunehmen. Ich finde einen Zufluchtsort vor, einen Ort, wo man mich versteht und nicht beurteilt. Ich weiss, dass der Weg noch schwierig ist, aber ich sehe das helle Licht, das in die Linderung und die Freiheit führt. Man kümmert sich um mich, hört mir zu, hilft mir. Die Sehnsucht, aus dieser Welt zu verschwinden, verblasst mehr und mehr. Ich bemerke, wie sich diskret und dezent Lächeln zurückfinden in meine Gesichtswinkel.

Ich spüre nach und nach Linderung in meinem Fuss: die Kohle brennt weniger stark, die empfundenen Elektroschocks weichen einem Gefühl von Kitzeln. Körper und Seele entspannen sich, die Freude und das Glücksgefühl kommen zurück. Dieser Bericht beschreibt meine Therapie im somatosensorischen Rehazentrum. Während zwei Jahren habe ich mit der Tortur einer mechanischen Allodynie gelebt. Die PraktikerInnen haben mir geholfen zu verstehen, was das ist. Ich habe die Kraft, die Motivation und den Mut wieder gefunden, damit umzugehen. Wofür ich am meisten dankbar bin, nebst dem, dass mein Fuss von der Last befreit wurde, ist, dass mein Kopf wieder frei wurde. Das Zentrum vermittelt mehr als eine Therapie. Man bekommt ein neues Leben.

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