Neuralgie
Begriffe: Essenz, wörtliche Bedeutung (Glossar) und Bedeutungsuniversum (Polysemie).
Im Herbst 2021 bildete das Departement für die Methode der Somatosensorischen SchmerzTherapie (SST):
die Interessensgruppe Terminologie
interdisziplär, interkontinental und generationenübergreifend
zert. SST, SST, NeurologIn, PhysiotherapeutIn, MassagetherapeutIn, Ergotherapeutin, AnatomIn, BürgerIn, usw.
welche sich der Aufgabe annahm, von Ausgabe zu Ausgabe, Arbeitsblätter vorzustellen, die die Konzepte der SST-Methode in einen Zusammenhang setzen.
Zu Beginn haben wir aus den Glossaren des Handbuchs und des Atlas eine Auswahl von Begriffen getroffen und aufgelistet. Es handelt sich um Konzepte, die die Besonderheit der SST-Methode am besten beschreiben. Wir haben mit der taktilen Hypästhesie in der Ausgabe Somatosens Pain Rehab 19(1) begonnen. Und in der 20. Jubiläumsausgabe unseres Newsletters geht es um:
die Neuralgie.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden wir unsere Arbeit mit den folgenden Begriffen fortsetzen (in ungeordneter Reihenfolge):
Somatosensorisches Nervensystem
Adaptive Neuroplastizität
Mechanische Allodynie
Regenbogen Schmerz-Skala
Taktile Gegenstimulation auf Distanz
Paradoxerweise schmerzhafte Hypoästhesie bei Berührung
Maximales Territorium des kutanen Ursprungs
Komplexes Regionales Schmerzsyndrom nach Budapest
Methode der SST
NEURALGIE
übersetzt von Monika Tanner und Erica Bossard
Definition: spontane, schmerzhafte Erkrankung eines Nervs infolge von Aβ-, Aδ- und/oder C- Neurofasern Läsionen. Die Vorsilbe „Neur-” bedeutet „auf den Nerv bezogen” (altgriechisch νευρου), während „-algie” auf den Schmerz verweist (ἄλγος).
Ein wenig Geschichte: Im Jahr 1802 lieferte François Chaussier mit seiner meisterhaften Beschreibung die nosologische Geburtsurkunde der Neuralgie:
durch die Art des Schmerzes, der zugleich scharf, zerreißend ist (...), mit Kribbeln oder Ameisenlaufen, häufiger mit Pulsieren, Reißen und Ziehen aufeinanderfolgend, ohne Rötung, ohne Hitze, ohne sichtbare Spannung und Schwellung des Körperteils, in mehr oder weniger langen und nahe beieinander liegenden Anfällen wiederkehrend (...),
durch den Sitz des Schmerzes, der immer (...) auf einem Ast des Nervs fixiert ist und sich in der Zeit des Paroxysmus von dem ursprünglich betroffenen Punkt aus über alle seine Verzweigungen ausbreitet und ausbreitet, sie schnell wie ein Blitz bis in die letzten Enden durchläuft, ihnen in ihren verschiedenen Verbindungen folgt, sie befällt, manchmal nacheinander die einen nach den anderen (Rey, 1993, S. 261-262). Im Jahr 1841 schlug François Louis Isidore Valleix eine Klassifizierung der Neuralgien vor.
Die verschiedenen Neuralgien des 21. Jahrhunderts nach Hautbereichen unterteilt (Spicher et al., 2020): Symptomatische - Essentielle neuralgia trigemina, neuralgia occipitalis, neuralgia cervicalis, neuralgia brachialis, neuralgia thoracica, neuralgia lumbo-abdominalis, neuralgia lumbo-femoralis, neuralgia femoralis, neuralgia ischiadica, neuralgia sakralis.
Symptome des peripheren neuropathischen Schmerzsyndroms
Man verwendet den Begriff Neuralgie, wenn drei oder mehr Symptome aus der folgenden Liste von dem/der Patienten/in beschrieben werden (Spicher, 2003; Bouhassira et al., 2004; Bouhassira, 2005):
Elektrisierender Charakter, der entlang eines Nervenastes verläuft: „stechend”, „einschiessend”; „blitzartig”, usw.
Kutane Brenngefühle, wie bei einer tatsächlichen Verbrennung, die innerhalb des hypoästhetischen Bereichs umschrieben ist, dessen Fläche nur einen Teil des maximalen kutanen Ursprungbereichs dieses Nervenastes abdeckt (Lanz von & Wachsmuth, 1935);
Die Symptome der seltsamen taktilen Hypoästhesie: „taubheitsgefühl”, „kribbelnd”.
Mit dem Verwenden des Oberbegriffes ‘neuropathische Schmerzen’ (IASP) bei der Diagnose, wird der verletzte Ast des Hautnervs nicht genannt. Das hat zur Folge, dass zu viele PatientInnen keine Läsionsdiagnose und somit auch keine neuroanatomische Behandlung erhalten.
Zusammenfassend
Wenn ein/e Patient/in unter anhaltenden Schmerzen leidet, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Aβ- axonalen Läsionen (98%; Anzahl=4010) von einem der 240 Hautnervenäste des menschlichen Körpers, die eine taktile Hypoästhesie und eine spontane intermittierende oder sogar andauernde Neuralgie hervorruft.